Ein Blick und die Liebe bricht aus

Gespräch zwischen der Kulturwissenschaftlerin Gerburg Treusch-Dieter und Jutta Brückner über „Ein Blick – und die Liebe bricht aus im Jahr 2006

„Das Faszinosum ist etwas anderes als die nackte Tatsache.“

G: Ich hatte den Film ja vor einigen Jahren schon einmal gesehen. Alle, wirklich fast alle Gesten in dem Film waren in meinem Gedächtnis. Ich wollte dich eigentlich fragen: habe ich den Film nicht doch vor kurzem gesehen? Und es war auch hier, wie es immer bei deinen Filmen ist, am Schluss enden sie für mich mit einem Krampf im Hals, weil man so unendlich traurig ist und gleichzeitig jetzt so losheulen müsste, was natürlich gar nicht geht. Also lässt man es einfach und sagt nur: Stimmt, es ist genau so, wie du es in diesem Film zeigst. Es geht mir jedes Mal an die Nieren. Und in der chinesischen Medizin ist die Niere das Organ der Lebenskraft.

J: Ich fürchte, dass ich eines in all meinen bisherigen Filmen gemacht habe: ich habe den Gang in die Entfremdung oder auch in die Neurose jedes Mal wieder nachinszeniert.

G: Du sagst jetzt Neurose, aber sobald man einen psychologischen Begriff nimmt wie Neurose, merke ich plötzlich, dass mir nichts mehr einfällt, dann ist die Phantasie gekappt. Aber genau das macht der Film ja nicht. A propos „Neurose“, wenn schon, dann Wörtlichkeit und ihre Vertauschung. Es liegt eine Metonymie vor, denn der Film ist voller Rosen…

J: Ja, er ist voller Rosen, dem Symbol der Liebe…

G : … ununterbrochen tauchen sie auf, in den verschiedenen Formen und Konnotationen, Zeichensprache der Rose….immer eine neue Rose, Neu-rose verstehst du, das ist durchgehend.

J: Ziemlich zum Schluss wird dieses junge Mädchen, die zweimal Sex im Treppenhaus hat, von der Frauengruppe einen Gang herunter getrieben, und sie wird mit einer Rose verprügelt.

G: Ja, obwohl das, glaube ich, zu schnell im Schnitt war, kann das sein?

J: Es ist eine Totale und deshalb im 16 mm-Format nicht so gut zu erkennen.

G: Wobei übrigens diese Szene im Flur auf dem Treppenabsatz, wenn das Mädchen und der Mann beim Sex unterbrochen werden, wobei ich so einen Schock kriegte, das ist unheimlich gut geschnitten. Was sagt sie da?

J: Sie sagt: Ich bin Deine Hure, Deine Stute, Dein Pferdchen, alles Worte, die Männer manchmal sehr gerne hören, um sich aufzugeilen.

G: Sie sagt das, was er hören will, was er braucht, um stimuliert zu werden, und die Stimulans besteht darin, dass sie ja völlig unerregt bleibt. Aber es ist ganz eigenartig, warum ich ihre Worte noch so im Ohr hatte, als ob ich das gestern gehört hätte. Es muss unglaublich unter die Haut gehen. Ich glaube, wenn man den Film dreimal sieht, meint man, man kann ihn auswendig und könnte doch nachher nicht die Abfolge der Szenen sagen, das ist ganz eigenartig. Aber der zentrale Satz, von wo aus das erotische und das ästhetische Problem sich entfaltet, dieser Satz war für mich: „Wenn ich dich nicht suche, was bist du dann ohne mich?“ Das heißt, wenn die Frauen nicht ununterbrochen den Mann interpretieren, was ist dann der Mann?

J: Diese Sätze sind der letzte Teil eines Monologs, eines Briefes, den sie sowohl an sich selbst schreibt, wie auch an den Mann und an die Liebe. Diese drei sind gemeint, wenn die Rede ist vom „Würmchen, Vögelchen, kleine Ameise….“

G: Sie drückt ihre Verlassenheit aus im Wort „kleine Ameise“, was sie dann selber ist, und dennoch ist das Ameischen, wenn es nicht nur ihre Verlassenheit ist und nicht nur der Mann, den sie gerne als Embryo hätte, noch mal ein anderes Gegenüber. Es ist ein sorgendes Bild, es ist verkleinert bis aufs äußerste, also auch auf die Mickrigkeit der weiblichen Sorge, aber dennoch, es ist ein sorgendes Bild. Ich berufe mich dabei auch noch mal weitergehend auf das, was Foucault mit Selbstsorge meint. Vielleicht hat das zu tun mit diesem: wir müssen unsere eigenen Mütter werden.

J: Nicht umsonst sind so viele der bedeutenden Männer heute schwul. Das hat etwas mit diesem Verhältnis Selbstsorge und Mutter zu tun.

G: Man könnte jetzt als Paradox sagen: Wenn die ganze Ambivalenz des Netzes der Mutter, was immer noch, und sei es pathologisiert, das Substrat und der Untergrund für die Normalität war, wenn sich das heute aufzehrt und dieses auch von den Frauen selber mitbetrieben wird, dann beginnt eine Spirale der Normalisierung, wo auch die Spannungen im Geschlechterverhältnis verschwinden, sich reduzieren. Der Mann war immer der Normale, der garantierte die Normalität, die Frau war immer das Pathologische, aber jetzt hat sich das mehr oder minder angeglichen. Da muss man das Wort Gleichstellung mal wirklich wörtlich nehmen. Und jetzt könnte es sein, das wäre das Paradox und bezieht sich auf dieses Moment der Selbstsorge, dass man das für sich selbst übernehmen muss, was man nicht mehr kriegt. Die Mutterposition kriegt man nicht mehr, will sie auch so nicht mehr haben. Auch der Vater war zumindest ein imaginärer Bezugspunkt, er war da, man konnte sich auf ihn beziehen, auch wenn man sich nicht mit ihm identifiziert hat, oder versucht hat, davon loszukommen. All die Dinge schrumpfen. Dann bleibt nur die Selbstsorge, und das bedeutet ja nicht nur, für sich selbst zu sorgen, also Existenzgründung, ich setze mich durch, muss powern, sondern man kann es auch mal mit einem ganz anderen Blick lesen. In dem Begriff steckt ja etymologisch „sorrow“, Trauer, und das ist der Begriff der Schwester. Und zwar in sorora, soeur, im Französischen ist es noch drin, auch im lateinischen. Ich finde es ganz eigenartig, warum der Begriff der Schwester, und zwar nicht der Mutter und nicht der Tochter, sondern der Schwester den Begriff der Trauer bestimmt. Schwester und Trauer und Sorge das gehört zusammen und lässt sich sicher nicht darauf reduzieren, dass die unverheirateten Schwestern als alte Jungfern für die anderen zu sorgen hatten und deshalb traurig gewesen seien. Und dann ist die große Frage, welche Trauer? Ich sehe jetzt darin noch mal das Bild von der kleinen Ameise, die Blinde. Es ist die, die um sich selbst trauert, um den Mann trauert…

J:…..die auch um die Liebe trauert, dass es keine Form der Liebe gibt, die zu leben wäre. In vier meiner Filme steckt der Begriff „Liebe“ im Titel. Sorge ist ja nicht nur ein zentraler Begriff bei Foucault, sondern auch bei Heidegger. Und in dem Zusammenhang las ich neulich den Satz, dass das Männliche bisher immer eine Mimesis ans Weibliche betrieben hat.

G: Die Pharaonen haben auf ihrer Pilos, also ihrer Pharaonenmütze, den Mutterkuchen, also die Plazenta, gesetzt. Das ist dann das dritte Auge, kultisch, mythisch gesprochen. Das stellen sie aus, das tragen sie auf ihrer Mütze, sie sind damit gekrönt. Das, was ihre erste Nahrung war, ist jetzt das, was sie geben. Sie geben allen die erste Nahrung, weil sie den Mutterkuchen in der Tasche haben.

J: Das ist eine klare Sprache.

G: Halt noch mal, dass das nicht vergessen wird …….Bisher konnte die Normalisierungsspirale dieser Gesellschaft in der Moderne mit Gegenentwürfen rechnen und das Substrat waren immer die Frauen gewesen mit diesem Gesetz der Mutter, mit den ganzen Ambivalenzen, die nicht zu Ende entmischt wurden. Aber jetzt ist was passiert. Dieses Substrat, von dem aus der Realität noch etwas entgegengehalten werden konnte, ein vielfältiges Spiel der Kräfte, das verschwindet jetzt alles, das ist ungeheuerlich. Die drahtlosen Telefone wären so ein Beispiel dafür. Die Nabelschnur verschwindet. Auch die Filmrolle, das ist ja eigentlich ein längst veraltetes Ding, weil es noch nach der Fadenform funktioniert, das ist ja ein unendlicher Faden. Das ist eine Spule wie die Spindel, wenn die zur Spule wird. Und das kann nicht weiter reduziert werden, genau so wenig wie das Buch, das ja auch eine Endform ist, weil es der beste Speicher für diese Art der Speicherung ist. Man müsste mal darauf achten von wo aus die Fäden verschwinden, die raushängenden Fäden.

J: Es gibt in „Ein Blick – und die Liebe bricht aus“ ein Bild: Nach der Abtreibung zieht eine Gruppe von Frauen und kleinen Kommunionkindern vorbei, und dann nimmt diejenige, die gerade abgetrieben hat, ein Kreuz und schleppt es der Prozession nach. Was natürlich erst mal heißt, das sie ihr Kreuz auf den Rücken nimmt. Aber dieses Kreuz ist illuminiert, und…..

G: ….es hängt ein Kabel raus ….

J: Das hast du gesehen?

G: Ja, habe ich gesehen.

J: Und dieses Kabel ist natürlich die Nabelschnur.

G: Jetzt mal zu der Frage, wer der Mann ist, das ist ja völlig unklar in dem Film, gibt es ihn überhaupt, ist er nur ein Phantasma der Frauen …..?

J: Er ist im Film nur ein Phantasma. Er hat keine realen Züge, die Männer haben alle graue Anzüge an und rote Schlipse. Sie sind alle verwechselbar. Im Prinzip sind diese Männer im Film nichts anderes als Kleiderständer, an denen die Wünsche und Hoffnungen der Frauen aufgehängt werden, und insofern ist einer wirklich so gut wie der andere. Es gibt einen, das ist der Traummann, der hat einen Frack an, der ist auch noch besonders schön, und insofern unterscheidet sich der Traummann von dem Nicht-Traummann, das ist aber wirklich der einzige Unterschied, den die Frauen machen. Viele männliche Zuschauer waren erstmal ganz empört, dass sie so charakterisiert wurden …..

G: Sie werden ja gar nicht charakterisiert….

J: Viele Frauen waren auch empört. Die Frauen waren fast noch aggressiver gegen diesen Film als ein großer Teil der Männer, denn Männer erwarten von filmenden Frauen ohnehin meistens nicht viel. Das hat sich erst in den letzten Jahren geändert, neulich wurde mir gesagt, dieser Film sei ja schon ein moderner Klassiker. Aber den meisten Frauen fällt es schwer, „Hungerjahre“, der bei ihnen sehr anerkannt ist, und diesen Film und auch noch meinen Film „Kolossale Liebe“ zusammenzubringen . Sowohl „Ein Blick- und die Liebe bricht aus“ wie auch „Kolossale Liebe“ sind auf eine je andere Weise keine Identifikationsfilme, sondern filmische Kunstformen mit sehr vielen verschiedenen Ebenen. Man kann sich nichts umstandslos identifizieren. Das wurde mir vorgeworfen, zum Teil mit Sätzen wie: „Die da oben (auf der Leinwand) kniet neben dem Mann wirklich wie ein Hund, das bin ich nicht.“ Da habe ich gesagt: „Natürlich bist du das nicht, das ist eine Schauspielerin.“ Die Diskussion fand sehr oft auf einer aggressiven Ebene eines fundamentalen Missverständnisses statt.

G: Du hast auch mit den Darstellern, Männer und Frauen, darüber diskutiert?

J: Ja, und da kam etwas anderes. Die Darsteller und Darstellerinnen kamen ja alle aus Argentinien, und waren am Anfang ziemlich irritiert. Es waren alles Profis, mit einer Ausnahme, die Frau, die das Dienstmädchen spielt, war kein Profi. Und ich habe ihnen gesagt, dass es zwar Rollen gibt, dass ich ihnen diese Rollen aber nicht schreiben kann. Die Rolle besteht darin, sich selbst zu spielen mit seiner eigenen Erfahrung, stumm. Und da waren sie erst einmal verunsichert, weil sie nicht wussten, wie sie das machen sollten. Dann wurde aber sehr schnell klar, dass es um ganz archaische Bilder und Situationen ging, die alle kannten, weil sie sie entweder selbst erlebt hatten oder weil das Teile einer weiblichen Kultur sind, die bis heute universell ist und in die auch Männer hereingezogen werden: die Hochzeitsnacht, die angstvolle eheliche Langeweile, das Auftauchen einer jungen neuen Geliebten, der Zickenkrieg, alle diese Geschichten sind im Prinzip ganz archaische Situationen. Sie begriffen dann schnell, was das heißt, sich selbst und seine Erfahrungen zu spielen.

G: Auch hier geht es wieder um das Finden. Es beginnt fast wie in „Ein ganz und gar verwahrlostes Mädchen“: die Bilder liegen auf dem Fußboden…

J: In der ersten Szene findet die Frau diese Bilder, Bilder von privaten Situationen und Bilder eines kulturellen Umfelds, nämlich argentinische Heiligenbildchen…

G:….aber es ging ja auch um das Finden (Er-finden) der Figuren, die sich da im stummen Tanz wechselseitig vergewaltigen und eben dieses Rituelle, diese rituelle Seite des Geschlechterverhältnisses ins Spiel bringen.

J: Es ging im wahrsten Sinne des Wortes erst einmal um das Finden, denn ich kam nach Buenos Aires und wollte einen Workshop machen mit Schauspielerinnen und wusste nur, dass ich Szenen improvisieren und drehen würde. Aber es war kein Film geplant. Und ab dem dritten Tag merkte ich, dass ich im Begriff war, einen Film zu drehen. Es war so, als hätte das Material einfach zum Film gedrängt, obwohl es kein Drehbuch gab. Und das Material waren hier die Körper der Frauen, die stummen Körper, denn es lief erst einmal nicht über Sprache, weil ich fast kein spanisch konnte.

G: Material ist ein ganz wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang. Darin steckt ja der Begriff mater, das ist ja das Mater-ial. Also man könnte ja, wollte man jetzt psychoanalytisch sprechen, was wir ja nicht wollen, was du ja auch in deinen Filmen nicht machst, aber psychoanalytisch gesprochen wäre das Material oder das Substrat das Unbewußte. Es geht Dir aber bei dem Arrangement der Fotos in dem Film nicht um die Wiederkehr des Verdrängten im Unbewussten. Sonst wäre es dir wahrscheinlich unmöglich gewesen, diese Fülle von winzigen Gesten, Augenblicken, jetzt wirklich im wörtlichen Sinn, von Arrangements, den Interieurs, gleichzeitig Straßensituationen, Zeitsituationen, die ein materiales Spektrum vorgeben, einzubringen. Hättest Du sie interpretiert als Wiederkehr des Verdrängten im Unbewussten, dann wärst Du festgelegt gewesen auf ödipale Konstellationen. Also du hättest schon immer das Material im Vorverständnis gelesen. Während so weit mehr für mich das zutrifft, ein Satz den ich heiß und innig liebe, ich sehe, dass er öfter verwendet wird, an sich wird er wohl Klee zugeschrieben, er heißt: „Ich erfinde nicht, ich finde.“ Das ist eine völlig andere Zugangsweise, als dieses vom Bewusstsein ausgehen. Bei diesem: „Ich erfinde nicht, ich finde“ ist immer eine kleine Kollision eingebaut, eine Kollision mit dem Materialen. Deshalb kann man auch nicht sagen, dass das Material einfach nur die symbolische Ersetzung der Mutter wäre, und gleichzeitig, wort-wörtlich, metonymisch steckt das drin: Mater – Matrix, es ist das, wovon wir alle zehren.

J: Zurück zur Produktion des Films. Ich habe dann in zwei Etappen gedreht, weil ich in der Zwischenzeit wieder Geld auftreiben musste. Dann habe ich den Darstellern die ersten zwanzig Minuten Schnitt gezeigt. Und sie haben überhaupt erst begriffen, was das für eine Art von Film ist, denn der ist völlig anders als alles, was sie kannten. Und dann sagte die Darstellerin dieser frustrierten Frau, die an der Nähmaschine sitzt: „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass Du das je hier in Argentinien zeigen kannst.“ Die erste Reaktion war fast Angst, obwohl man in dem Film keine einzige nackte Frau sieht. Die haben gesagt: „Nackte Frauen kannst du zeigen, serienweise, das ist alles überhaupt kein Problem. Das aber, was du zeigen willst, das kannst du in unserer Kultur nicht zeigen.“ Es ist ja nicht das herkömmliche Bild der Sexualität, lustvoll und – damals noch – verboten. Es ist wohl eines, das die tief liegenden Urgründe aufstört, es ist etwas, was man nicht sehen will. Diese Darstellungen von Koiti auf der Leinwand, wie man sie bisher kennt, sowohl in den sanften Formen als auch in den harten Formen, enthalten ja Reize. Dieser Film enthält keine. Und deshalb ist es noch nicht einmal ein feministischer Porno.

G: Aber ich meine doch, dass Porno der Sub-Text deiner ganzen Arbeit ist, der Subtext in all deinen Filmen. Das ist ja auch in „Hungerjahre“ so. Zu Recht hast du das selbst gesagt, die Szene mit der Waschschüssel, wenn sie zum ersten Mal ihre Tage hat, mit der Klospülung, die sie betätigt, wenn sie ihre Eltern im Schlafzimmer beim Koitus hört. Hier in diesem Film gibt es die Analogie mit dem Handtuch, das ja rot ist. Das ist offensichtlich ein traumatischer Punkt, der für deine Arbeit ganz entscheidend ist, nicht nur für deine, sondern er korrespondiert, denke ich, mit dem Trauma, das wir alle haben als Frauen.

J: Das Handtuch mit dem Blut bezeichnet den Punkt der Frau-Werdung.

G: Weshalb es aber weder die brutalen Nackt-Szenen, die üblicherweise in Filmen kommen, noch die hoch ästhetisierten, dann noch mit Filter und Weichzeichner aufgenommenen Bilder braucht, und trotzdem berührt es und geht einen unheimlich an. Das liegt wohl daran, dass es über den Blick und das Faszinosum läuft. Und das Faszinosum ist etwas anderes als die nackte Tatsache.

J: Aber welche Art von Faszinosum, das habe ich mich selbst oft gefragt.

G: Das Faszinosum ist etwas Ambivalentes, in ihm ist auch immer etwas Störendes und etwas, das nicht geht. Nimm mal die Szene, in der das eine Mädchen an der Spüle steht und der Mann mit seiner zu kurzen Anzugjacke sieht sie da stehen und hält das auch ganz ruhig aus bis zu einem bestimmten Moment. Wenn man dieses Höschen dort sieht, es ist keine Reizwäsche, es ist ein bisschen verblichen, also so gesehen ein ekliges Höschen, und zwar in seiner ganzen Hausfraulichkeit ein ekliges Höschen. Gleichzeitig die Art, wie es spannt, wie es die Schenkel abschneidet, diese Linie Gummi – Bauch, das ist so expressiv. Worin besteht das Faszinosum? Das Faszinosum ist ja an sich ein Vorgang, wo nicht mehr klar ist: geht das Signal vom Gegenstand aus, oder ist es reine Projektion. Da überschneidet sich etwas und zwar auf dem Weg dahin. Es ist dann weder das blickende Auge, noch das Höschen. Es ist eigentlich das, was dazwischen entsteht.

J: Das Bild selber beantwortet diese Frage nicht, sondern bringt sie erst hervor.

G: Eben, das ist der völlige Gegenentwurf zu den beiden anderen Formen von Pornographie oder Nacktheit. Und deshalb ist man auch involviert, man guckt mit, man sucht quasi: Was ist denn da jetzt eigentlich so? Man ist richtig am sondieren, weil man ganz fasziniert guckt und gleichzeitig, gewissermaßen mit dem begleitenden Bewusstsein dauernd fragst, was ist denn genau das Faszinierende? Bis man an gewissen Stellen nur noch guckt. Es ist, glaube ich, ein Phänomen der Ambivalenz…

J: Du findest in allen meinen Filmen viele Momente von Ambivalenz. Ich habe die Ambivalenz immer verteidigt als notwendige Haltung in der Moderne.

G: Aber genau das wird in unserer Kultur heute in rigider Weise abgewehrt. Noch im antiken Mythos geht es um die Übel, die gleichzeitig als Gutes Übles sind. Es ist völlig wechselseitig, wenn das in sich ambivalent ist. Wie kann es sein, dass in unserer Kultur absolut sprichwörtlich die Frau das Übel ist, obwohl der Mythos selbst es auch anders sagt? Was ist da gelaufen? Ich denke, das hat eben mit dieser heftig beklagten Logifizierung, sprich Identitätslogik und dem ganzen Logozentrismus zu tun, auch als Phallozentrismus kursierend in der feministischen Literatur, aber ohne, dass diese sich dann auch wirklich auf das Phänomen der Ambivalenz einlässt.

J: Das ständige Dazwischensein, auch in dieser unbequemen Weise, kann etwas Faszinierendes sein, aber es fehlt dann der „klare Standpunkt“.

G: Der entsteht aus der fundamentalen Verdrängung. Es ist eigentlich ein Phänomen, dass das von Frauen selber nicht aufgegriffen wird. Dass sie diese Zwischensituationen, das „sich auf der Grenze bewegen“, das „sich nicht entscheiden wollen“, das ja nicht gleichbedeutend ist mit „sich nicht entscheiden können“, dass sie das nicht positiv wenden zu einer bestimmten Form der Verhaltensfähigkeit. Das wäre praktisch das ausgeschlossene Dritte, das darf nicht sein, das wissen wir, dann wird es so und so dialektisch vermittelt bis zur Eindeutigkeit, aus der dann etwas herausfällt. Das ist ja vielfach beklagt. Irigaray hat ja etwas geschrieben über diesen Zwischenraum und die Lücke. Aber das mal zu nehmen, zu packen und damit zu arbeiten, es auszuhalten, damit zu spielen, da gibt es so gut wie nichts dazu. Es gibt so das ein oder andere bezogen auf die Frage der Mimesis, auch das spricht Irigaray ein Stückchen an, in wie weit die Frau auf das Mimen verwiesen sei. Das ist aber schon wieder, meine ich, nicht das, was diese Ambivalenz wäre.

J: Vielleicht muss man die Frage anders stellen, aber ich stelle sie jetzt mal so: Ist das Faszinosum der Mann, oder ist das Faszinosum eigentlich das weibliche Geschlecht? Ich habe mich nach Vorführungen oft gefragt, warum kommt es immer wieder zu solchen Aggressionen? Die Klage, das bin ich nicht, nie würde ich mich so vor einem Manne demütigen und an seiner Seite kriechen, das sind alles vorgeschobene Geschichten. In Wirklichkeit denke ich, geht es da um etwas anderes. Ist es nicht so, dass ein Teil der jüngeren Frauen vielleicht schon eine Art Wut darauf hat, dass dieses Faszinierende, das nicht Ausgesprochene, für unsere Generation noch funktioniert hat und für sie nicht mehr funktioniert? Denn das erleben die ja in dem Sinne gar nicht mehr. Aber wohin hat es sich verkrochen?

G: Es hat sich heute bei Frauen eine Art „Body“ herausgebildet, der das Gegenteil des Körpers ist, den wir, unsere Generation, noch mit uns schleppten. Es ist eine Ästhetisierung der Verdinglichung. Wir hatten einen Körper, der nicht mit seiner Verpackung identisch war, der noch über schlechtsitzende Mieder und kratzende Strumpfgürtel erfahren wurde, das ist letztlich noch in unserem Bewusstsein imaginär enthalten. Eine jüngere Generation hat das gar nicht mitgekriegt, allenfalls verkleidet sie sich damit. Der weibliche Körper heute wird in seiner Dinglichkeit anders codiert und ästhetisiert als Body mit einer zweiten Haut. Und in diesem Sinne fällt heute die Ambivalenz weg.

J: Ich habe, als es um die Kostüme ging, die Darstellerinnen gebeten, in den Schränken ihrer Großmütter nachzusehen. Argentinien hat keine Kriege erlebt, da ist ja noch alles aufbewahrt. Wenn ich den Film in Brasilien gemacht hätte, hätte ich eine ganz andere Geschichte in anderer Maske, mit anderer Musik und in anderen Kostümen erzählen müssen. In Argentinien konnte ich eine europäische Geschichte erzählen, weil Argentinien sich immer als ganz europäisch gesehen hat, bis zum Malvinenkrieg. Erst dieser Krieg hat zu der Erkenntnis geführt: wir gehören zur Dritten Welt, weil nur die Dritte Welt zu uns steht, und die Erste Welt, zu der wir immer geglaubt haben zu gehören, steht nicht zu uns.

G: Du hast, indem Du diese Geschichte in Argentinien inszeniert hast, die Geschichte der Frauen erzählt als Wiederkehr der Dritten Welt in der Ersten Welt.

J: Ja, aber ich habe mir die Freiheit genommen, die Geschichte umzukehren. Dieses Mal sind die Männer seriell, nicht die Frauen. Sie sind alle austauschbar, graue Anzüge mit roten Schlipsen. Das ist ein Wunschtraum, ein angstvoll-sadistischer Wunschtraum.

G: Du hast gesagt, du ließest die Schauspielerinnen ihre Mittel alleine finden. Nehmen wir diesen ersten Geschlechtsakt. Zwar sagt sie vorher, öffne mich, dann aber im Bett verschließt sie sich völlig und lässt den Akt an sich ablaufen mit diesem völlig woanders hin gerichteten Blick. Man könnte sagen, das ist eine schizoide Situation, aber nicht psychologisch zu verstehen, und schon gar nicht psychiatrisch. Und das zweite war die Szene mit diesem Mädchen im Flur, wo das besonders offensichtlich wird. Wenn nun ein Teil der Frauen sagt, das hat mit uns nichts zu tun, könnte es sein, dass sie den Mythos des immer erfolgreichen Orgasmus so stark verinnerlicht haben, dass sie bestimmte Momente gar nicht wahrnehmen dürfen. Wie haben nun die Argentinierinnen auf diese Art, man könnte mit Brecht ja sagen, Verfremdung reagiert?

J: Für die war es keine Verfremdung, sondern Realismus. Bestimmte inhaltliche Momente sind trotz ihrer starken Verdichtung noch deutlich erkennbar als alltägliche Erfahrung. Auch die ästhetischen Komponenten des Films, die Farben, das Licht, waren für die Argentinier nicht in dem Maß Komponenten von Stilisierung wie für Deutsche, weil sie Elemente aufnehmen, die in der argentinischen Volkskunst stark vorhanden sind. Neu war ihnen und neu war auch für meine Arbeitsweise die Irrealisierung der Räume durch Spiegel, wie der Kameramann es gemacht hat. Er hatte bestimmte Ideen und fragte mich, ob er das ausprobieren könnte, du darfst nicht vergessen, dass der Anfang des Films ein Workshop war und damals noch niemand die Vorstellung hatte, wir würden einen vorzeigbaren Film machen. Ich war verblüfft und begeistert von dem, was er mir zeigte. Und dann haben wir uns diskutierend gegenseitig hochgeschaukelt. Das wurde für mich zu einer ganz grundlegenden Erfahrung, an der ich begriffen habe, was mich an den bisherigen ästhetischen Verfahren des Filmemachens ganz besonders störte: die Unmöglichkeit oder zumindest Schwierigkeit, den Konkretismus des Bildes aufzuheben. Der Kameramann Marcelo Camorino hat mir geholfen, endlose Räume und das heißt: imaginäre Räume zu finden. Diese Erfahrung wurde für mich fundamental.

G: Ja, ständig sieht man Durchbrüche, die Blicke freigeben in andere Räume. Jemand geht rein und kommt wieder heraus, aber keiner weiß genau, wo.

J: Ich befinde mich filmend ständig im Inneren eines Kopfes, in dem die Welt ist. Und der filmische Raum hat nichts zu tun mit dem realen.

G: Die Verfremdung wird natürlich noch dadurch unterstützt, dass es ein Stummfilm ist, der überdeutliche und sehr verfremdete, musikalisch verarbeitete Geräusche hat, die zum Teil wie eine Sprachebene funktionieren, aber eben nicht Sprache sind….

J: …und dass es zum Teil Sprache gibt, die aber vollständig asynchron ist. Und dann die Darsteller. Sie bewegen sich auf eine ritualisierte Art und Weise, wie es keiner naturalistischen Darstellung entspricht. Da kommt sehr viel von der Kultur Latein-Amerikas, auch speziell der Kultur von Buenos Aires, in den Film herein. Als ich 1976 nach Buenos Aires kam, stieß ich dort auf noch klare Bilder und Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit, während bei uns die Pole der Geschlechter und die Rollen und die Positionen schon physisch angenähert waren in den androgynen Latzhosen.

G: Die Latzhose ist ja ein kindliches Kleidungsstück zum Spielen, ein großer Teil der Emanzipation bei uns fand damals auf der Ebene der Verkindlichung statt.

J: Das gab es in Argentinien nicht. Bei uns begannen gerade die ersten Frauen, auch Feministinnen, wieder Schuhe mit hohen Absätzen zu tragen. Bis dahin war das völlig verpönt gewesen. Und in diesem Moment fahre ich in ein Land, in dem diese Codierungen: was ist weiblich, was ist männlich, alle noch stimmen und auch trotz dieser wirklich ganz unglaublichen Unterdrückung in gesellschaftspolitischer Hinsicht, in der diese Frauen da lebten, mit einer gewissen Lust gelebt wurden. Das galt übrigens auch für die Männer. Es ist also nicht eine der Kulturen, wo zwar die Frauen sehr viel sichtbare Erotik leisten müssen, die Männer aber nicht und deshalb nur um dieses Bild der Frau kreisen. Die Männer kreisen genauso narzisstisch um ihr eigenes Bild in dieser stark homoerotischen Kultur.

G: Ich glaube, was diese Art von Verfremdung so anders macht, wird deutlich, wenn man den Blick dieser Frau im Bett nimmt, oder auch des Mädchens an der Wand, oder auch den Blick der Frau, die dann in den Kampf mit der anderen geht. Es ist ein seltsam leerer Blick, ein Blick, wie man ihn auf Andachtsbildern findet. Es ist ein Blick, wie man ihn sonst auf EL Greco Bildern findet.

J: Für mich ist es der Blick, der gleichzeitig nach innen und nach außen geht.

G: Ein seltsam meditativer Blick. Da gibt es noch etwas, was mich interessiert. Die Frau mit dem Hütchen, blaue Augen, die Herrin im Hause, die diesen Mann im Glaskasten, also den schönsten der Schönen, anlächelt und dann genau auf dieses Bild stößt, das wir auch auf dem Plakat sehen, hatte meiner Meinung nach schon einen anderen Blick. Mir schien sie ein anderer Typus von Schauspielerin zu sein.

J: Es ist eine deutsche Argentinierin.

G: Aber es liegt nicht an den blauen Augen, sondern es lag an dieser Gerichtetheit im Blick, weshalb sie völlig zu Recht als Herrin erscheint.

Die leeren Augen, die Augen der Andacht, wie ich sie nur von EL Grecos Bildern im Augenblick erinnern kann, der Blick nach innen, der seltsam entspannt und gleichzeitig konzentriert ist, den wir überhaupt nicht mehr haben, oder nur selten, wenn wir von etwas völlig absorbiert sind, das ist ein anderer Blick, aber kein reflexiver. Nicht die Frage: bin ich es oder bin ich es nicht. Ich glaube, das gibt noch mal Aufschluss für dieses Problem der sprachlosen Verständigung, die deshalb so dicht und intensiv ist und gleichzeitig auch das seltsam Fremde berührt, das, was über die Entfremdung hinaus wirklich fremd ist. Speziell diese beiden Frauen, die im Bett und die an der Wand, haben einen Blick, der abwandert. Ich habe aber nicht das Gefühl, sie sind desinteressiert oder wollen mit dem Mann nicht zu tun haben oder stellen die Frage: was macht denn der hier? Es ist einfach nur ein leerer Blick, der sich auf etwas bezieht, was nicht da ist, was aber letztendlich noch immer in den Raum der Kirche gehört oder in den sakralen Raum. Und das macht dann das Obszöne aus. Das ist kein privater Blick, im Sinne von: Na, Typ, bist du bald soweit? Man kennt das aus Filmeinstellungen, wie man Desinteresse ausdrücken kann. Das ist es aber eben alles gar nicht. Nur nachher sieht man ja, was auf der Mauer steht, so als Spur dieser Szenen, da hattest du doch diese Graffiti, wenn der Zug kommt und dann noch ganz am Schluss die Freiheits-Graffiti. Ich finde da ist uns etwas verlorengegangen, meine ich.

J: Mir geht jetzt ein anderer Gedanke durch den Kopf. Für mich ist mein Film einer über die völlige Desillusionierung. Die Suche nach der Verzauberung, die eine Kultur über Jahrhunderte versprochen hatte und deren stärkstes Instrument die Liebe war, endet im Regen, im Unterrock auf dem Vordach einer Industrieansiedlung. Die Frauen waren getrieben von diesem Wunsch, diese Verzauberung irgendwo zu finden.

G: Ja. Sie gehen in den Film, völlig überzeugt davon, es gibt sie. Sie suchen die intensivsten Verausgabungen, getrieben von dieser Hoffnung auf Verzauberung, auf Verwandlung durch erotische Erfahrung.

J: Es wird dann zwar weitergetanzt in diesem Innenhof, der ja eher wie ein Gefängnis aussieht, aber die Musik und die Körper haben keinen gemeinsamen Rhythmus mehr.

G: Aber vielleicht können wir nicht ohne diese Hoffnung auf Verzauberung leben? Dabei fällt mir übrigens etwas ein, das Schachbrettmuster am Anfang von „Ein Blick- und die Liebe bricht aus“ ist immer die Metapher gewesen für die Ambivalenz. Es gibt verschiedene Bilder für das Netz, von dem wir sprachen, das kann die Spirale sein, die Filmspule so gesehen, aber du findest sie ja auch in der Sprache der Ornamentik, im Labyrinth, im Mäandermuster. Also es sind im wesentlichen Ornamente, zum Ornament geronnene Bewegungen, die mit der Geometrisierung des Netzes, bzw. Labyrinthes zu tun haben. Ganz entscheidend und zwar ganz früh war da das Schachbrettmuster. Ich finde es ganz interessant, dass der Film mit dem Schachbrettmuster beginnt….Dieser Gang, in dem da getanzt wird, ist eine Art „rite de passage“, eine unendliche Passage, Hotelgang, Cafe, Zwischenort, dann das Schachbrettmuster. Und dann noch – ich war ja so fasziniert von dem Typ, der da tanzte. Er ist ja so scheußlich fett.

J: Er ist ein professioneller Tangotänzer und heißt „Narbengesicht“…

G: Er hat diesen genießerischen, aber völlig im Zug des Tanzens gehaltenen

Blick. Die Frau immer wieder, das hast du wunderbar aufgenommen, also eine Mischung aus: „Ich passe genau auf, ich mache nichts falsch“ – aber gleichzeitig: “ Das habe ich voll drin, ritualisiert.“ Das ist wirklich ein Ritual, aber noch mit der ganzen Aufmerksamkeit fürs Ritual. Es war Dir auch zutiefst bekannt, wie das jetzt gehen wird.

J: Man kennt es ja: Der Tango als Geschlechterkampf in seiner Ambivalenz von Schmeicheln und Drohen. Vielleicht macht das seine Attraktion aus, heute…

G: …wo Ambivalenzkonflikte wahrscheinlich nicht mehr zum Tragen kommen.

Die gesellschaftliche Gesamtordnung hat in unserer Generation noch erlaubt, dass die Ambivalenz voll zum Blühen gekommen ist…..

J: …und heute darf und kann sie das nicht mehr. Und damit werden ganze Entwicklungen abgeschnitten, weil damit auch eine bestimmte Form von emotionaler Intelligenz und Intellektualität abgeschnitten wird, denn eine andere Haltung kann nur zum Tragen kommen, wenn der Ambivalenz-Konflikt wirklich durchlebt wird.

G: Jetzt kommen wir zum Schlusstext, in dem von den Würmchen und den Ameisen gesprochen wird?

J: Ich habe noch nie vorher von Würmchen und Ameisen geredet und plötzlich, in diesem Film, hatte ich das Gefühl, ich muss hier von Tieren reden, die keinen symbolischen Stellenwert haben, es sei denn man nimmt die Ameise als Arbeitstier, aber das spielt ja hier keine Rolle…

G: Also, spontan fällt mir jetzt nur die Schnecke ein, die trägt ihr Auge auf dem Fühler, deshalb ist sie ja auch noch mal insbesondere zur Metapher für das Weibliche geworden. Auch wegen dem Haus, das sie mit sich trägt, übrigens ärgerlicherweise, aber sie geht ja Gott sei Dank langsam. Die Einkastelung der Frau in den vier Wänden wird ja hier widerrufen. Aber die Schnecke hinterlässt ja eine Schleimspur, das ist ja das Schlimmste, und wie gesagt, nimmt das Haus mit, ist überhaupt nicht gebunden, und sie trägt das Auge auf dem Fühler. Mit dem Würmchen ist es ja so, die gucken ja nicht, die fühlen nur. Das wäre ja dann zu verbinden mit Deiner Aussage, dass Du Dich als blinde Filmerin fühlst, als Würmchen sozusagen, tastend….

J: Filmend taste ich mich durch die Welt, auch die Welt des Sichtbaren …..

Aus Gesprächen zwischen der Kulturwissenschaftlerin Gerburg Treusch-Dieter und Jutta Brückner
zum Film „Ein Blick – und die Liebe bricht aus.“
Aus Gesprächen zwischen der Kulturwissenschaftlerin Gerburg Treusch-Dieter und Jutta Brückner
zum Film „Ein Blick – und die Liebe bricht aus.“

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